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Freitag, 15. Dezember 2000, 20.00
Kleiner Minoritensaal, Graz
Oskar Aichinger (piano)
Achim Tang (bass)
Paul Skrepek jr. (drums)
Elements of Poetry
Oskar Aichingers Musik ist der überaus gelungene Versuch, Widersprüche zu denken. Die Abläufe lassen sich nicht einfach mehr in bequeme Kategorien von Komposition und Improvisation ablegen.
Mit "Elements of Poetry" verlassen wir das Terrain des allseits Abgesicherten. Das Trio erkundet besonders aufmerksam die Bruche, die Ränder jener Formen, die sich langsam aufzulösen beginnen.
Abstraktion und sinnliche Klangerfahrung verbinden sich hier auf so einzigartige Weise, wie man es sonst kaum in der aktuellen, improvisierenden Szene antreffen kann. Drei Individualisten, drei Erzählweisen - und doch finden sie hier zu einer Ästhetik, die von einer disparaten Gemeinsamkeit geprägt ist. Es ist Musik, die ihre eigenen Widerspruche nicht kaschiert, sondern klar herausstellt ...
"Elements of Poetry ist ein herausragendes Beispiel fur souveräne Formensprache des europäischen Jazz. Ein Album, dem man ständig neue Aspekte abgewinnt und dessen Spannung nicht nachläßt" (liner notes zu "Element of Poetry", März 2000)
"Aichinger ist ein lyrisch orientierter Pianist. Im Trio mit Achim Tang und Paul Skrepek jr. schafft er in introvertierter Ekstase. Die Musik bebt zart, ist voller Dringlichkeit und erschlägt einen nicht mit Dezibel-Energie. Intensität ist hier eine der musikalischen Substanz und der funktionierenden Kommunikation. Das ist abstrakte Poesie, gebaut aus der Lust des Augenblicks und mitunter aufgesuchten Inseln der Komposition." (Ljubisa Tosic, Der Standard)
"... Here, pianist Oskar Aichinger leads his trio through a series that parallel the pianist‘s overall interest with various influential elements or nuclei. The trio crafts unruffeled themes marked by poignant lyricism with a style of execution that might invoke notions of riding a tail wind in the sky or sitting on a cloud with not a care in the world which is evident on the opener "Poemia Trois" and other tracks ... "Elements of Poetry" is a concoction of pieces that do indeed probe the mind‘s eye!" (allabouthazz, USA)
Einige Gedanken zur Musik von "Elements of Poetry" von Oskar Aichinger:
Eine gut beschriebene Musik kann niemals eine gute Musik sein, denn wäre sie das, könnte man sie nicht gut beschreiben, es sei denn, der Verfasser ist ein geschickter Schwindler. Um die Kunst muß ein Geheimnis sein (Maria Lassnig), das sich jeder noch so scharfsinnigen Analyse entzieht. Andernorts war von der "Aura des Kunstwerks" die Rede, alles ehrliches, weil hilfloses Stammeln des Unaussprechlichen.
Mit dem allmählichen Verschwinden einer zum Teil improvisatorischen Aufführungspraxis und der aufkommenden Trennung in Komponisten und Interpreten oblag es dem Komponisten immer mehr, seinen ihm zunehmend unbekannten Interpreten möglichst genaue Anweisungen zur Realisierung seiner Werke zu geben. Die so entstandenen Vortrags- und Charakterbezeichnungen muten als bisweilen etwas hilflose Versuche an, der Interpretation mit poetischen Bildern auf die Sprunge zu helfen. Ich habe einige dieser "Elements of Poetry" in den alten Partituren, etwa von Chopin, Prokofieff und Bartok als Stucktitel verwendet (lugubre/duster, perdendosi/sich verlierend, in rilievo/hervorgehoben ...), das allerdings nicht ohne Ironie, da ich versuche, meine Art von Klangpoesie auf gänzlich andere Art zu generieren.
Im Jazz stellt sich das Problem nämlich in dieser Form überhaupt nicht, es sei denn, man betrachtet ihn ebenfalls als alte und damit zu interpretierende Musik, was mich nicht interessiert hat. Komponist und Interpret sind ident, wenn nicht, so bleibt die (fremde) Komposition ein Marginalie, nicht mehr als eine Inspirationsquelle fur eigene improvisatorische Kreativität.
Insofern ist "Elements of Poetry" ganz und gar nicht Jazz: ich betrachte die Auswahl der Musiker als die halbe Komposition, Atmosphäre und Publikum tun das Ihre, der verbleibende kleine Rest ist die eigentliche Komposition. Und gerade damit hatte ich im Jazz immer meine Probleme: die Tunes des American Songbook und ihre zahllosen Plagiate waren und sind nicht meine Musik, obwohl ich einige von ihnen überaus liebe, ich bin ein durch und durch europäisch geprägter Musiker, der seine Wurzeln in Schubert, Bartok, Schostakowitsch, Lutoslawski und vielen anderen sieht. Die naheliegende Konsequenz, nämlich elaborierte Kompositionen in Improvisation aufzulösen und später die so aufgedröselten Fäden wieder in der Komposition zusammenzuführen, habe ich praktiziert und mit der Zeit als immer unbefriedigender empfunden: die Musiker haben fur die komponierten Abschnitte die Köpfe in den Noten, sollen dann abrupt in die andere Gehirnhälfte wechseln und ihr Herzblut in der Improvisation geben, werden durch die nächste notierte Passage wieder gestört und so fort. Die Folge ist ein Krampf da und dort: das Komponierte wird nicht souverän genug gespielt, die Improvisationen können nicht ihren eigenen Bogen entwickeln.
In meiner Soloarbeit "Poemia" habe ich erstmals öffentlich dokumentiert, woran ich schon lange arbeite: die Entwicklung der Improvisation aus mehreren, zum Teil kontrastierenden Keimzellen, die so einfach und prägnant sind, daß die intuitiv.spontane Ebene nicht verlassen werden braucht.
"Elements of Poetry" ist somit eine Fortfuhrung meiner Soloarbeit im Trio, der erste Track "Poemia trois" ist eine Anspielung darauf: ein Stuck wird durch mehrere Keimzellen (elements) definiert, die jederzeit durch mich abrufbar sind und dem Ganzen eine Wendung in die eine oder andere Richtung geben können, aber nicht zwingend mussen.
Oskar Aichinger wurde 1956 in Vöcklabruck geboren, während des Musikstudiums am Salzburger Mozarteum (Schulmusik, Klavier und Dirigieren) u.a. Leiter des Oberösterreichischen Blechbläserensembles und Chorleiter. Preisträger beim Interpretationswettbewerb fur Neue Musik des ORF Salzburg 1979. 1984-1986 Ballettkorrepetitor an der Wiener Staatsoper, danach als Musikerzieher tätig. Mitarbeit im pädagogischen Projekt "Klangnetze". 1990 musikalischer Neubeginn unter veränderten stilistischen Vorzeichen: Duo "Steinaich-Irrding" mit Hans Steiner, etwas später ein weiteres Duo mit Walter Malli. Zusammenarbeit mit Burkhard Stangl (Ensemble "Maxixe"), Max Nagl, Sunny Murray, Derek Bailey, Eugene Chadbourne u.a. Zahlreiche Kompositionen fur verschiedene Ensembles, u.a. Klangforum Wien, Janus Ensemble, Koehne Quartett. Seit 1996 auch Solokonzerte. Im selben Jahr Grundung des "Oskar Aichinger Oktetts". 1999 Grundung des "Oskar Aichinger Trios". Gastauftritte mit dem Kollegium Kalksburg. Zahlreiche Rundfunkaufnahmen. CD-Produktionen u.a. "Steinaich-Irrding" (Extraplatte), "Poemia" (Durian) und "Elements of Poetry"(between the lines)
Achim Tang ist Mitglied in zahlreichen österreichischen Bands wie z.B. im Max Nagl Quintett, im Ulli Rennert Quartett oder dem Berndt Luef Trio und leitet das Ensemble "in the long run" mit Franz Hautzinger, Gerald Preinfalk, Robert Bachner und Christian Salfellner.
Die Originalität von Paul Skrepek jr. liegt in einer stilistischen Freiheit, die er in seiner Ensemblearbeit konsequent einbringt. Er ist einer der wenigen österreichischen Performer, fur den die Musikalität im jeweiligen Kontext an erster Stelle steht und der den intellektuellen Überbau locker mit der Baßtrommel beiseite schiebt. Er spielt in so unterschiedlichen Ensembles wie "Forellenquintett", "Kollegium Kalksburg" oder "Shabotinski" und ist vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Hannes Löschel und Martin Zrost bekannt. 1997 wurde die CD "while you wait" von Löschel/Skrepek/Zrost beim "Hans-Koller-Preis" als "Album des Jahres" ausgezeichnet.
Eine Veranstaltung von "open music", unterstützt vom Kulturamt der Stadt Graz, dem Land Steiermark, dem BKA, austro mechana, den Merkur Versicherungen, Austria Tabak und dem Kulturzentrum bei den Minoriten.
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Oskar Aichinger | http://www.mica.at/person/person_detail.asp?iID=48072 |