nächstes Konzert

Dienstag, 21.03.2000, 20.00
Kulturzentrum bei den Minoriten, Graz


Live-Vertonung
Friedrich Wilhelm Murnau
NOSFERATU - Eine Symphonie des Grauens


Wolfgang Mittererpräpariertes Klavier, Elektronik, diverse Geräuscherzeuger


Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens
Deutschland, 1921/22, 35mm/16mm, s/w, stumm, nahezu vollständige und dem Original entsprechend viragierte Fassung
Länge: 1 Std. und 6 Min.
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Buch: Henrik Gableen, nach dem Roman "Dracula" von Bram Stoker
K: Fritz Arno Wagner, Gunther Krampf, Ba + Ko: Albin Grau, M: Hans Erdmann
D: Max Schreck (Graf Orlok/Nosferatur), Gustav con Wagenheim (Hutter), Greta Schröder (Ellen, seine Frau), Alexander Granach (Knock, Häusermakler)



Wolfgang Mitterer, seit Jahren shooting-star und gleichsam Geheimtip nicht nur in der Elektronik-Szene, liebt das Experiment und Überschreiten von Grenzen. Er ist Komponierender und Improvisierender, Konzepteur und Interpret, entlockt der Orgel Töne von "Vater" Bach ebenso wie clusterhafte Improvisationen. Mitterer sprengt Grenzen, sucht Spartenübergreifendes, arbeitet an Radio- und Theatermusik (u.a. fur das Serapions-Theater), Hörspielen, an spektakulären "Mega"- (à la "Turmbau zu Babel" oder "ka und der pavian") und ebenso spektakulären, weil feinen, "Klein"-Projekten. Auch die Auseinandersetzung mit Film hat Mitterer schon erprobt. Für einige Trickfilme Hubert Sieleckis hat er die Musik gemacht, für den Dokumentarfilm "Chargaff" von Ebba Sinzinger, für einen Kinospot ... Mitterer: "Auch als Musiker visualisiert man immer Räume, akustische Räume, die auch in optische Räume überführen können und vice versa. Grafische Notationen oder eben auch ein Film können somit Anregung fur musikalische Bilder sein." Dabei geht es Mitterer nicht um Erzeugung von Dubletten, um Verdoppelung, Begleitung des Optischen, sondern vielmehr um Erweiterung des optischen und akustischen Raumes, um Aufbau eines Spannungsverhältnisses zwischen Musik und Bild, um Schaffung einer verdichteten Atmosphäre.

Warum Mitterer ohne Zögern zugesagt hat, sich für "open music" auf Murnaus Stummfilmklassiker einzulassen? Vielleicht, weil der Vielbeschäftigte die Vielschichtigkeit dieses Streifens sofort zu schätzen wußte. Denn diese "Symphonie des Grauens" ist nicht (nur) Horror- und Vampirfilm. Nicht der Inhalt der Fabel erzeugt die unheimliche Spannung, sondern der Stimmungsgehalt der Bilder - "Naturbilder, in denen ein kalter Luftzug aus dem Jenseits weht", wie der bekannte Filmkritiker Béla Balázs enthusiastisch schrieb. Oder, wie der französische Surrealist Robert Desnos meinte: Nosferatu, ein Film, der alles der Poesie verdankt.

"Bei Nacht, im Mondlicht ist er da, der große Liebhaber. ... Schnell kommt er zu ihr, mit diesem schrecklich schnellfüßigen Gang, die Fingernägel tropfen. Der Schatten der Hand kriecht wie Tinte uber ihre schneeige Bettdecke. Die letzte Szene zeigt, wie er an ihrem Bett kniet und ihren Hals küßt, eine schrecklich perverse Liebesszene, die unerreicht ist wegen des plötzlichen Pathos, mit der sie die grundlegende Hilflosigkeit des Vampirs enthullt."
Jack Kerouac

Wolfgang Mitterer: geboren 1958. Studierte Orgel und Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien, Sudium am Stockholmer Studio für elektronische Musik. Als Spezialist für Orgel und Live-Elektronik und Initiator von kollektiven Ensembles wie Pat Brothers, Call Boys Inc. ist Wolfgang Mitterer wahrscheinlich der wichtigste und innovativste Vertreter elektronisch-experimenteller Musik in Österreich. Fur sein umfangreiches und vielseitiges Schaffen wurden Mitterer verschiedene bedeutende Stipendien und Auszeichnungen zuerkannt, u.a. der "Prix Ars Electronica" 1992 (für "Reluctant Games") und der Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Von seiner musikalischen Arbeit geben zahlreiche CD-Veröffentlichungen Zeugnis, die seit 1991 auch unter seinem eigenen Label "olongapo" erscheinen. "Versuch und Irrtum, überraschende Einbrüche und Angriffe. Die Strategie der Live-Elektronik-Performances Wolfgang Mitterers besteht darin, sich selbst immer wieder unter Zugzwang zu bringen. Die enorme Dichte der Textur in der Musik Mitterers und seine Radikalität und Kompromißlosigkeit fordern die Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit der Zuhörer heraus. Ein kantiger Tiroler zwischen Ordnung und Anarchie."

Eine Veranstaltung von open music, unterstützt durch das Kulturamt der Stadt Graz, dem Land Steiermark, dem BKA, austro mechana, den Merkur Versicherungen, Austria Tabak und dem Kulturzentrum bei den Minoriten.

Links
Wolfgang Mitterer http://mitterer.sil.at/